Allgemeines Wahlrecht, Straffreiheit bei Schwangerschaftsabbruch oder der Mutter-und Kinderschutz – das waren nur einige der Forderungen, für die mehr als eine Million Frauen am 19. März 1911 weltweit im Rahmen des ersten Frauentags auf die Straße gingen. Ins Leben gerufen wurde dieser aufgrund eines Vorschlags der deutschen Sozialistin Clara Zetkin bei der Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz im Jahr 1910.
Mehr als 100 Jahre später sind zwar viele der Forderungen von damals eingelöst, andere warten jedoch immer noch auf ihre Umsetzung – neue sind mittlerweile hinzugekommen. So verdienen Frauen in Österreich für die gleiche Arbeit nach wie vor um ein Erhebliches weniger als Männer – die Forderung gleicher Lohn für gleiche Arbeit wartet also immer noch auf ihre Einlösung. Zudem leisten Frauen auch heute noch einen Großteil der unbezahlten Arbeit; abgesehen davon, dass sie in Führungspositionen deutlich unterrepräsentiert sind und der weibliche Körper unermüdlich Beurteilungen ausgesetzt ist.

Mit Kunst in den Fokus

Auch in der Kunstgeschichte waren Frauen lange Zeit mehr als Modell und Muse, denn als Künstlerinnen auf dem Radar. Wenn mittlerweile – nicht zuletzt dank des Erstarkens der „Women’s history“ seit den 1970er-Jahren – auf eine längere Tradition des Schaffens von Künstlerinnen und Wissenschaftlerinnen (wenn auch oft im Schatten ihrer männlichen Kollegen) zurückblicken lässt, so herrschen gerade auch im Kulturbetrieb nach wie vor unzureichende Verhältnisse. Vor allem im Filmbereich liegt der Fokus zumeist auf den Arbeiten von Männern. Während die „FrauenFilmTage“ 2020 das Handtuch schmeißen mussten, ist das seit 2001 bestehende „Tricky Women /Tricky Realities“-Festival nach wie vor im Veranstaltungskalender fest verankert. Das Festival ist das einzige weltweit, das sich in diesem Ausmaß ausschließlich dem Trickfilmschaffen von Frauen widmet und findet heuer vom 9. bis 13. März statt. Viele der Filme sind österreich- beziehungsweise weltweit zum ersten Mal zu sehen. Die Palette reicht jedes Jahr von humorvoll bis ernst; von den Herausforderungen des Mutterseins über Migration und Krieg bis hin zu Jugend und Alter. Seit Bestehen des Festivals haben sich zudem viele Kooperationen gebildet – von Museen über Galerien bis hin zu Einrichtungen der Zivilgesellschaft wie die Gleichbehandlungsanwaltschaft und die Frauenberatungsstellen. Diese ermöglichen es auch unter dem Jahr Programme zu gestalten und sie dort zu zeigen, „wo sie gut gebraucht werden können“, betont Festival-Leiterin Waltraud Grausgruber.

Un- und unterbezahlt

In seiner Größenordnung weltweit einzigartig ist auch das „Kosmos Theater“, das seit der Jahrtausendwende, in einem ehemaligen Kino untergebracht, die Wiener Theaterlandschaft mit hauseigenen und Gast-Produktionen sowie Festivals bereichert. 2022 hat das Theater bereits im Vorfeld gemeinsam mit dem Schauspielhaus zum Frauen*kampftag aufgerufen und die prekären Arbeitsbedingungen der sogenannten SystemerhalterIinnen in den Fokus gerückt.
„Armut ist weiblich“ lautet passend auch das Motto zum Gespräch und zur Spoken-Word-Performance im Dommuseum Wien im Rahmen des „DOMerstagabend“. Die Veranstaltung am 10.März beschäftigt sich mit Ursachen und Auswirkungen von Frauenarmut in einem wissenschaftlichen Kontext und wird per Livestream auf YouTube mitzuverfolgen sein.

Bildung – 125 Jahre Zulassung

Dass auch die Geschichte der Frauen an den Universitäten „alles andere als ein Spaziergang“ war und ist zeigt die Abteilung Gleichstellung und Diversität der Universität Wien. 2022 begeht man das 125-jährige Jubiläum der Zulassung der ersten Studentinnen an der Universität Wien. Zum Jubiläum wurde im Campus des Alten AKHs ein Rundgang entlang wichtiger Meilensteine in Richtung Zukunft zusammengestellt.

Auch an der Bertha von Suttner Privatuniversität dreht sich am Weltfrauentag alles um das Wirken der Friedensnobelpreisträgerin, die bereits vor über 100 Jahren die Aufhebung der Geschlechtergrenzen im Bildungssystem forderte. Unter 225 Universitäten im deutschsprachigen Raum ist die Bertha von Suttner Privatuniversität bis heute die einzige Universität, die nach einer Frau benannt ist. In einem Online-Vortrag von Mag.a Dr.in Adelheid Pichler können Interessierte mehr über Suttners Beststeller „Die Waffen nieder!“ erfahren.

Lehrreiches gibt es dieses Jahr auch wieder mit den zahlreichen Programmen der Wiener Volkshochschulen. Rund um den 8. März finden zahlreiche Vorträge, Diskussionsveranstaltungen, Spaziergänge und Workshops zu den Themen Frauen, Feminismus und Gender statt. Die Palette reicht von kostenlosen Führungen (beispielsweise in die Ausstellung Nina Marons „FrauenZimmer“) und Diskussionsveranstaltungen („Der Preis der (Un-)Abhängigkeit – ist es das wert?“) bis hin zur Filmvorführung (zur Geschichte der drei Schwestern Steinmetz und ihren unermüdlichen Kampf gegen den Faschismus) und Vorträgen („Wissen ist Macht!“ über die Gründung der ersten Arbeiterinnen-Bildungsvereine in Wien im späten 19. Jahrhundert). Zudem wurde auch dieses Jahr wieder (virtuell) im Wiener Rathaus ein spezielles Programm ausgearbeitet.

Frauenschwerpunkt im Haus der Geschichte

Seit 30 Jahren sammelt, dokumentiert und digitalisiert das Wissensportal „Ariadne“ der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB) frauenspezifische, geschlechtertheoretische und feministische Literatur und bereitet sie für eine breite Öffentlichkeit auf. Zum Internationalen Frauentag bietet die ÖNB zwei kostenlose Führungen zu den Themen „Im Meer des Vergessens. Schriftstellerinnen zwischen Tradition und Moderne“ im Literaturmuseum sowie „Die sichtbaren und unsichtbaren Frauen des Prunksaals“ an. Zudem zeigt die Ausstellung „Heimat großer Töchter. Zeit für neue Denkmäler“ im Foyer des Hauses der Geschichte noch bis Juni kaum bekannte Beispiele wie Handlungsspielräume von und für Frauen* erweitert und Rollenbilder hinterfragt wurden. Eine aktuelle Online-Ausstellung widmet sich der Schriftstellerin Ruth Klüger.

Nicht unerwähnt bleiben sollte in diesem Reigen auch das Frauenmuseum in Hittisau. Das im Jahr 2000 gegründete Museum hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Kulturschaffen von Frauen und Frauengeschichte(n) sichtbar zu machen und zu dokumentieren. Seit 6. März ist hier, die aus dem Jüdischen Museum Wien übernommene Sonderausstellung „verfolgt, verlobt, verheiratet“ zu sehen. Die Schau spürt zwölf österreichischen Jüdinnen nach, die den Weg der Scheinehe mit einem ausländischen Staatsbürger wählten, um so den Versuch zu unternehmen, sich so vor dem nationalsozialistischen Regime zu retten. Endlich nach dem Lockdown ist nun auch die Ausstellung „Die rote Linie“ zugänglich. Diese wurde in Kooperation mit der „ifs Frauenberatungsstelle bei sexueller Gewalt“ realisiert und möchte Tabuisierung, Stigmatisierung und Sprachlosigkeit im Zusammenhang mit dem Thema sexualisierte Gewalt entgegenzuwirken.

Männer sind bei den Ausstellungen sowie bei allen anderen Veranstaltungen im Übrigen ebenso willkommen. Denn Unterdrückung ist ein System, das Auswirkungen nicht nur auf Frauen hat – Feminismus geht uns alle an!

Festival
Tricky Women
9. bis 12. März
In verschiedenen Kinos der Stadt
www.trickywomen.at

Kosmos Theater
https://kosmostheater.at/programm/

(K)Ein Spaziergang – 125 Jahre Frauen an der Universität Wien
https://kein-spaziergang.univie.ac.at/

Veranstaltung
Zum Weltfrauentag: Online-Vortrag zum Wirken der Nobelpreispreisträgerin Bertha von Suttner
Datum: 08.03.2022, 16:30 – 18:00 Uhr
Ort: Online-Event, Österreich
Url: https://www.suttneruni.at/events

DOMerstagabend
Got it rough `cause I’m a She – Frauenarmut in Österreich
Donnerstag, 10. März 2022 18:00 – 19:30
Gespräch, Performance
Dom Museum Wien

Programm der VHS
www.vhs.at/frauen

Programm im Wiener Rathaus
https://frauenbefragung.wien.gv.at/frauentag

Ariadne
www.onb.ac.at/forschung/ariadne-frauendokumentation.

Ausstellung im Foyer
Heimat großer Töchter. Zeit für neue Denkmäler
22. Oktober 2021 bis 13. März 2022
https://www.hdgoe.at/grosser-toechter

Online-Ausstellung
Ruth Klüger: Schreiben für ein Weiterleben
https://www.onb.ac.at/bibliothek/sammlungen/literatur/kapiteluebersicht

Frauenmuseum in Hittisau
„verfolgt / verlobt / verheiratet“
6. März bis 30. Oktober 2022
Die rote Linie
Noch bis 6. Mai 2022
www.frauenmuseum.at

Titelbild: Tricky Women. „Gefilte Fish“ by Fulbright Austria alum Yuliya Lanina

Geschrieben von Sandra Schäfer